Geothermie

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Die erste deutsche Geothermie

Im Jahre 1984 nahm am Papenberg in Waren (Müritz) die erste deutsche Anlage zur Nutzung von Erdwärme im Megawatt-Leistungsbereich ihren Betrieb auf und begründete damit die Ära der Nutzung der Tiefengeothermie für die Wärmeversorgung in Deutschland.

Bereits 1980 wurde mit intensiven Arbeiten zur Nutzung der geothermischen Ressource begonnen. 1981 wurde eine erste Bohrungsdublette – noch zu Forschungszwecken – abgeteuft. 1982 starteten die erfolgreichen Testreihen zur Förderung und Reinjektion – die Geburtsstunden der modernen Tiefengeothermie in Deutschland. Im Ergebnis führten diese 1984 zur Inbetriebnahme der ersten geothermischen Heizzentrale.

Die Anlage wurde bis Mitte der 90er Jahre grundlegend saniert. In die 1986 abgeteufte zweite Reinjektionsbohrung wurde seit dem erfolgreich ausgekühltes Thermalwasser reinjiziert – unter vergleichbaren geologischen Bedingungen eine weltweit einmalige technische Leistung. Das umfangreiche Know-how, welches beim Betrieb der Anlage angesammelt wurde, ist für die Weiterentwicklung der Geothermie in Deutschland insgesamt von großer Bedeutung gewesen.

Geologische Bedingungen

Bei der Entstehung der Erde durch die Zusammenballung freier Materie im Weltall, bestehend aus Gasen, Staub, Gesteins- und Eisbrocken, vor rund 4,5 Milliarden Jahren wurden gewaltige Wärmemengen freigesetzt. Der überwiegende Teil wurde als Strahlung ins All abgegeben. Ein kleiner Teil, die sogenannte Ursprungswärme, blieb im Inneren eingeschlossen. Bedeutender als die Ursprungswärme ist die ständige Erzeugung von Wärme durch den Zerfall natürlicher langlebiger radioaktiver Isotope im Inneren der Erde.

Seit 600 Millionen Jahren hat sich die Temperatur der Erdoberfläche nicht mehr entscheidend verändert. Nach der Bildung der Urerde stellte sich frühzeitig ein Ausgleich zwischen der Sonneneinstrahlung und der Wärmeabstrahlung ein. Etwa 30% des Wärmeflusses zur Erdoberfläche gehen auf die Ursprungswärme zurück. Rund 70% werden im „Kraftwerk Erde“ durch Isotopenzerfall selbst produziert. Das nutzbare Wärmepotential der Erde ist daher unerschöpflich.

Versuche, die Erdwärme zu nutzen, lassen sich schon früh in der menschlichen Geschichte und an mehreren Orten finden. Unabhängig von der und den Nutzungsmöglichkeiten wird zwischen Erdwärmequellen, die auf natürlichen Wegen an die Erdoberfläche treten, und solchen, die bohrtechnisch künstlich erschlossen und gefördert werden müssen, unterschieden.

Thermalwasserfelder, wie sie in Waren (Müritz) genutzt werden, liefern warmes Thermalwasser mit Temperaturen bis zu 100°C, das in warmen Quellen von selbst an die Oberfläche tritt oder durch spezielle Pumpen gefördert werden kann. Vergleichbare Vorkommen finden sich weltweit. Neben der Verwendung zu Heizzwecken kann das Wasser abhängig von der chemischen Zusammensetzung und der Anreicherung mit Mineralstoffen und Salzen, denen eine heilende Wirkung zugesprochen wird, für balneologische Belange verwendet werden.

Die geologische Basis in Waren (Müritz) bilden poröse Sandsteinschichten des Rätkeuper (Contorta-Schichten), aus denen das Wasser gefördert wird. Wegen des hohen Salzgehalts des Thermalwassers ist die unterirdische Entsorgung nach Wärmeentzug erforderlich. Die 1200 m entfernte Verpressbohrung reicht in das aufgeschlossene Lias-Sandsteinpaket (Hettang).

Verfahrensbeschreibung

Der technologische Ablauf der Wärmegewinnung beginnt mit der Förderbohrung. Eine elektrisch angetriebene Unterwassermotorpumpe in 170 m Tiefe fördert stündlich 60 m³ Wasser mit einer konstanten Temperatur von rund 60°C und einem Salzgehalt von 158 Gramm pro Liter. Der Wasserspiegel im Bohrloch bewegt sich zwischen einer Tiefe von 110 m und 124 m. Die aggressive Beschaffenheit erfordert einen durchgängigen Korrosionsschutz durch eine kunststoffbeschichtete Bohrungsverrohrung, eine Pumpensteigleitung und erdverlegte Rohre aus Kunststoff, eine obertägige Verrohrung in Polypropylen, gummierte Behälter und Membranventile.

Nach dem Durchlaufen einer ersten Filterstufe, in der durch hocheffiziente Beutelfilter Bestandteile über 10 µm zurückgehalten werden, gelangt das Wasser in den Wärmeaustauscher. Über 209 Titanplatten wird die Temperatur von 62°C auf 48°C reduziert. Die Wärme wird auf den Kreislauf des Heiznetzes übertragen und das abgekühlte Thermalwasser anschließend in der 1200 m entfernten Injektionsbohrung nahe des Waupacksees verpresst. Zuvor passiert das Wasser eine zweite Filterstufe aus mehreren Filtern, die verhindern, dass Wasserbestandteile mit einer Größe von über 1,5 µm die unterirdischen aufnehmenden Schichten zusetzen können.

Das Thermalwasser befindet sich in einem geschlossenen Kreislauf. Durch die Stickstoffkompressionsanlage wird ein geringer Überdruck erzeugt. Er verhindert, dass das Wasser mit der Umgebungsluft in Berührung kommt und gewährleistet die Sauerstofffreiheit. Der Kontakt mit Luftsauerstoff hätte Ausfällungen des im Wasser gelösten Eisens zur Folge.

Ökologischer Betrieb

Die Geothermie liefert durchschnittlich 500 kW Wärme für das Fernwärmenetz auf dem Papenberg. Die Wärmemenge reicht für die anteilige Beheizung von 1715 Wohnungen und öffentlichen Gebäuden im Grundlastbetrieb. Zur Abdeckung der Spitzenlast und um die erforderlichen Temperaturen bei den Verbrauchern sicherzustellen, werden ein BHKW und Kesselanlagen eingesetzt.

Seit 1995 konnten jährlich bis zu 500.000 l Heizöl eingespart werden. Die Menge entspricht dem Transportvolumen von 17 Tanklastfahrzeugen und verdeutlicht die Schonung der Umwelt und den Weg der Stadt Waren (Müritz) zum staatlich anerkannten Heilbad.